Etwas einfacher wird es, wenn man eine Computer-Simulation wie cBlur verwendet. Damit kann man vorhersagen, welche Objekte in einem Foto wie scharf oder unscharf abgebildet werden. Da dies für alle Entfernungen gleichzeitig angezeigt wird, sieht man dabei viele Dinge auf einen Blick, die sonst viele Aufnahmen und viele Vergleiche erfordern würden.
cBlur Diagramm einer Portraitaufnahme
Die Diagramme sind einfach zu lesen. Auf der linken Seite befindet sich die Kamera, die Kurve zeigt an wie scharf oder unscharf ein Objekt in welcher Entfernung abgebildet werden würde.
Landschaftsaufnahme mit hoher Schärfentiefe
In dem Bereich in dem die Kurve im unteren grünen Bereich verläuft (bis zu einer Unschärfe von 1), erscheint das Bild scharf - dies ist der Bereich der Schärfentiefe. Je höher die Kurve steigt, umso unschärfer werden die Objekte. Wer also zum Beispiel ein Portrait vor verschwommenem Hintergrund aufnehmen möchte, sollte die Einstellungen und Entfernungen so wählen, dass die Unschärfewerte für den Hintergrund bei mindesten 20 liegen. Das heißt der Hintergrund ist dann mindesten zwanzigmal unschärfer als ein gerade noch als scharf empfundenes Objekt abgebildet.
Auch wenn sich - in den meisten Fällen - mit cBlur die Schärfe die sich später im Bild ergibt recht gut vorhersagen lässt, ist das Programm weniger für den Einsatz in der Praxis, als mehr zum Experimentieren und Lernen gedacht.
Der aufmerksame Leser mag sich nun fragen, woher cBlur weiß, was ich beim Betrachten eines Bildes als scharf empfinde und was nicht. Die Antwort ist einfach, ich muss es in den Einstellungen vor der Berechnung festlegen. Um die Komplexität in Grenzen zu halten, gibt es nur zwei Einstellungen die erste entspricht der Betrachtung eines Bildes aus einem "üblichen" Betrachtungsabstand. Dies ist das Schärfekriterium ("Maximaler Zerstreuungskreis") mit dem die meisten Schärfentiefenrechner, -tablen und Schärfentiefeindikatoren auf Objektiven arbeiten. Diese Einstellung ist auch zu wählen wenn die Unschärfe des Hintergrundes bewertet werden soll. Der zweite Wert ist auszuwählen, wenn die Schärfe bei einer 1:1 (oft auch 100%) Ansicht bewertet werden soll.
Wer nur schnell vergleichen möchte, wie sehr sich zwei Objektive mit unterschiedliche Anfangsblende, oder zwei Kameras mit unterschiedlich großen Sensoren verhalten, kann mit diesen Informationen in der Beispielsektion gleich loslegen. Wer mehr erfahren möchte, kann in dem weiterführenden Artikel mehr über die beiden Bildeigenschaften erfahren, die man mit cBlur am besten erkunden kann - Schärfentiefe und die Unschärfe des Hintergrundes.
Grundlagen
Tutorial: Einfluss des Abbildungsmaßstabs
Schärfentiefe
Tutorial: Hyperfokaldistanz
Zerstreuungskreise
Nun kommt die Fokuseinstellung des Objektivs ins Spiel. Über die eingestellte Entfernung kann man festlegen für Punkte mit welcher Entfernung sich die Strahlen genau auf dem Sensor kreuzen. Das heißt nur Punkte, die genau in der Fokusebene liegen, werden als Punkte abgebildet. Alle anderen werden je nach eingestellten Parametern (Blende, Fokusdistanz und Brennweite) und der Entfernung des Punktes zur Kamera als mehr oder weniger große Zerstreuungskreise auf den Sensor abgebildet. Je nach Größe dieser Scheibe wird die Abbildung des Ursprungspunktes als mehr oder weniger scharf empfunden. Dass ein Punkt als Scheibe abgebildet wird, heißt nicht automatisch, dass er auch als unscharf wahrgenommen wird. Wenn z.B. die Zerstreuungskreisgröße beim Betrachten des Bildes klein genug ist, ist es unwichtig, dass die Abbildung auf dem Sensor kein Punkt war, sie wirkt trotzdem scharf. Je näher sich ein Objekt (und damit die Lichtpunkte die die Kamera sieht) an der Fokusebene befindet, umso kleiner werden seine Zerstreuungsscheiben auf dem Sensor, umso eher erscheint das Objekt beim Betrachten des späteren Bildes "scharf". Es ergibt sich so ein gewisser Bereich vor der Kamera - nämlich mehr oder weniger kurz vor und hinter der Fokusebene - von dem man sagen kann, dass er scharf abgebildet wird. Diesen Bereich nennt man die Schärfentiefe.
Die im Bild wahrgenommene Schärfentiefe ergibt sich erst beim Betrachten eines Bildes. Sie hängt unter anderem von der Entfernung ab, aus der ich ein Bild ansehe. Gehet man näher ein Bild heran, fallen geringe Unschärfen auf, die das Auge bei größerer Betrachtung nicht erkennen konnte und umgekehrt. Hier kommen wir zurück, zu der Antwort auf die Frage aus dem ersten Abschnitt, wie cBlur Schärfe berechnen kann, wenn das alles so variabel ist? Die Antwort lautete ja, man muss dem Programm sage, was scharf ist und was nicht.
Das ist wesentlich einfacher als es klingt. Jeder Punkt meiner Szene hinterlässt einen mehr oder weniger großen Zerstreuungskreis auf dem Sensor. Ich lege nun einfach - für den Fall der mich gerade interessiert - fest, bis zu welcher maximalen Größe Zerstreuungskreise wachsen dürfen damit ich sie gerade noch als Punkt (und damit als scharf) erkenne. Dies ist der maximale Zerstreuungskreis, den cBlur und auch jeder andere Schärfentieferechner zum Rechnen benötigt.
Es ist natürlich mühsam jedes mal fest zu legen, wie groß der maximale Zerstreuungskreis für einen bestimmten Fall sein muss, darum behilft man sich in den meisten Fällen mit einem Standarddurchmesser. Dieser wird nicht nur von cBlur, sondern seit vielen Jahrzehnten für viele Anwendungen verwendet (wie z.B. den Schärfentiefemarkierungen auf manchen Objektiven. Siehe auch Beispiel 2). Als zweite Option bietet cBlur die Möglichkeit, die maximale Zerstreuungskreisgröße durch die Sensorauflösung zu bestimmen. Dabei wird der maximale Zerstreuungskreis so festgelegt, dass cBlur vorhersagt, was in der 1:1 Ansicht scharf abgebildet wird.
Mit cBlur kann man vorhersagen, was in einem Foto wie scharf oder unscharf abgebildet wird. Dazu berechnet es aus den eingestellten Kameraparametern wie groß die Zerstreuungskreise für welche Entfernung werden. Je größer die Zerstreuungskreis für ein Objekt werden, umso unschärfer wird es im Bild abgebildet werden. Die Größe der Zerstreuungskreise ist also ein Maß für die Unschärfe im Bild. Die Zerstreuungskreise werden nun noch für jede Entfernung mit dem gewählten maximalen Zerstreuungskreis ins Verhältnis setzt und das Ergebnis - der Unschärfewert - in das Diagramm eingetragen. Da der Unschärfwert angibt wie viel mal größer die Unschärfe als der Maximale Zerstreuungskreis, besitz er keine Maßeinheit.
Schärfentiefe
Unschärfewerte im Diagramm die kleiner als eins sind, sagen also aus, dass das Bild hier mindestens so scharf ist, wie durch den maximalen Zerstreeungskreis gefordert. Größere Werte als eins wie z.B. ein Unschärfewert von zwei sagt aus, dass hier das Bild unscharf ist. Genauer gesagt zweimal so unscharf wie gefordert. Der Bereich in dem die Werte kleiner als eins sind, wird Schärfentiefe genannt. Die Schärfentiefe ist also ein Bereich vor meiner Kamera. Die Grenzen der Schärfentiefe (sowohl Nah als auch Fern) werden einfach als Abstand von der Sensorebene der Kamera in Metern oder Zentimetern angegeben. Dies sind die beiden Werte, die auch "normale" Schärfentieferechner oder Tabellen bestimmen. Die Ergebnisse werden mit denen von cBlur mehr oder weniger übereinstimmen. Der Grund, warum manchmal die Schärfentiefe nicht ganz übereinstimmt ist, dass viele einfache Rechner die Beugung des Lichtes an der Blende nicht berücksichtigen, oder leicht unterschieldiche maximale Zerstreuungskreise verwenden.
Beugung
Die Beugung des Lichtes an der Blende kann in der Fotografie schnell zum Problem werden. Die Aussage vom Anfang des Artikels, dass sich alle Strahlen eines Lichtpunktes aus meiner Szene in einem Punkt kreuzen, ist leider nicht ganz richtig. Je weiter ich die Blende schließe, umso weniger genau treffen sich die Strahlen in einem Punkt. Das heißt auch für Objekte in der Fokusebene, die ja eigentlich so scharf werden sollten, wie es die Qualität des Objektivs zulässt, können unscharf werden, je nachdem wie weit ich die Blende schließe und wie weit ich vergrößere. Da cBlur die Beugung mit einbezieht, kann man den Effekt in den Diagrammen schön sehen, wenn man die Blende immer weiter schließt. Die Kurve bewegt sich dann insgesamt immer weiter nach oben, da der Einfluss der Beugungsunschärfe immer größer wird.
Geringe Scärfentiefe | Philipp Engelhard |
Kameramodell Beispiel 1
Dies ist Notwendig. Wenn ich von beiden Sensoren ein Bild mit 10x15 cm ausbelichten möchte, muss ich es von Aufnameformat APS-C 6.8x vergrößern, ausgehend vom Aufnahmevormat Kleinbild aber nur 4.2x. Alle Unschärfen werden also beim APS-C Sensoren mit dem Bild zusammen 1.6x mehr vergrößert. Wenn ich möchte, dass im fertigen Bild die Grenze der wahrnehmbaren Schärfe gleich bleibt, muss ich dafür sorgen, dass die Zerstreuungskreise auf dem kleineren Sensor genau um den Cropfaktor kleiner bleiben als auf dem größeren.
Damit ergeben sich Diagramme, die für eine "normale" Betrachtungsweise verwendet werden können. Normale Betrachtung das heißt in diesem Fall, dass man ein Bild ungefähr aus einer Entfernung ansieht, die seiner Bilddiaonale entspricht (also für ein 20x30 cm großes Bild 36cm).
Hintergrundunschärfe / Freistellung
Freistellung eines Objektes in der Fotografie bedeutet, dass das sich Objekt deutlich vom Hintergrund abhebt und so eine hervorgehobene Rolle im Bild spielt. Das lässt sich auf verschiedene Arten erreichen. Zum Beispiel durch die Wahl eines bestimmten Hintergrundes und/oder durch unterschiedliche Beleuchtung von Hintergrund und Objekt. In Fotostudios wird gerne mit stark geschlossenen Blenden (f/11) vor einem Fotohintergrund gearbeitet. So hat man eine große Schärfentiefe, aber keinen störenden Hintergrund.
Die verbreitetste Methode dürfte aber das Arbeiten mit weit geöffneten Blenden sein. Dies sorgt (bei ausreichend großer Brennweite, weit genug entfertem Hintergrund und nah genuger Fokusentfernung) für einen verschwommenen Hintergrund, vor dem sich die fokussierten Objekte stark abheben. Oft wird geringe Schärfentiefe und Freistellung gleichgestellt. Es gibt aber keinen direkten Zusammenhang. Bei kurzen Brennweiten ist bei weit geöffneter Blende trotz sehr geringer Schärfentiefe der Hintergrund meist noch recht scharf. Bei Teleobjektiven kann man auch bei nicht so sehr kleinen Schärfentiefen sehr unscharfe Hintergründe erzeugen.
Da oft gewünscht ist, dass der Hintergrund nicht einfach zu Farbflächen verläuft, sondern noch erkennbar sein soll, ist häufig eine genaue Steuerung der Aufnahme erforderlich. Es stellt sich dann die Frage, wie unscharf wird der Hintergrund eigentlich. Mit cBlur läßt sich dies recht gut bestimmen. Als geforderte Bildauflösung sollte für die Beurteilung der Unschärfe die Einstellung "Standard/Hintergrundunschärfe" gewählt werden. Ein Objekt das eine Unschäfe von 1 hat, ist also bei normaler Betrachtung dann gerade noch scharf abgebildet. Ein Objekt, das die Unschärfe 2 hat, ist schon nicht mehr scharf, ein Objekt mit der Unschärfe 4 ist doppelt so unscharf usw. Die Zahlen lassen sich recht gut mit der Empfindung was "doppelt so unscharf ist" in Einklang bringen. Im allgemeinen kann man sagen, dass ab einer Unschärfe von ungefähr 20 eine deutliche Freistellung eines Objektes erreicht wird (dies ist natürlich auch stark von der Beschaffenheit des Hintergrundes abhängig). Bei Werten zwischen 60 und 80 löst sich der Hintergrund dann langsam komplett auf.
Es gibt viele Gelegenheiten, in denen lässt sich keine nennenswerte Hintergrundunschärfe erreichen. Hier gibt es oft die Möglichkeit im Vordergrund Unschärfe ins Bild zu bringen. Bringt man Objekte wesentlich näher an das Objektiv als die Fokusentfernung werden sie schnell sehr unscharf. Dies kann man des Öfteren z.B in Landschaftsfotografien die durch Gräser oder ähnliches fotografiert wurden sehen. Bei den cBlur-Diagrammen ist dies im linken Teil der Kurve - die meist steil in richtung der Kamera ansteigt - zu erkennen.